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Mietprozess nach neuer ZPO / Miet-Schlichtungsverfahren

Datum:
10.03.2011
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Geschäftsraummiete / Ladenmiete
Stichworte:
Miet-Schlichtungsverfahren, Schlichtungsverfahren, Zivilprozess, Zivilprozessordnung
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Seit Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung am 01.01.2011 wird das materielle Mietrecht (OR) und das mietrechtliche Verfahren (ZPO) vom Bund geregelt. Für Streitigkeiten Miet- und Pachtstreitigkeiten zu Wohn- und Geschäftsräumen müssen die Kantone neu eine paritätisch zusammengesetzte Schlichtungsbehörde (Miet-Schlichtungsbehörde) zur Verfügung stellen.

Das Schlichtungsverfahren ist ein dem Hauptverfahren bzw. dem Erkenntnisverfahren vorgelagertes Verfahren zur Aussöhnung der Parteien. Damit soll in einem kostengünstigen, informellen Verfahren eine Lösung für die Streitsache gefunden werden. Kann ein Streit im Schlichtungsverfahren beigelgt werden, können sich die Parteien die nicht unerheblichen Kosten eines Gerichtsverfahrens und auch die persönliche Belastung einer langen gerichtlichen Auseinandersetzung ersparen. Denn Schlichtungsverfahren aus Streitigkeiten zu Miete- und Pacht (bei Wohn- und Geschäftsräumen sowie bei landwirtschatlicher Pacht sind nach ZPO 113 Abs. 2 kostenlos.

Das Schlichtungsverfahren ist jedoch kein freiwilliger Aussöhnungsversuch, sondern es muss grundsätzlich obligatorisch durchlaufen werden (Art. 197 ZPO). Bei einem Streitwert von über 100’000 CHF können die Parteien jedoch gemeinsam auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens verzichten. Hält sich ein Beklagter im Ausland auf oder ist sein Aufenthaltsort unbekannt, kann der Kläger ebenfalls auf das Schlichtungsverfahren verzichten.

Neu kann die Schlichtungsbehörde auf Antrag des Klägers auch definitive Entscheide fällen, wenn die Streitsumme nicht mehr als 2000 CHF beträgt. Bis zu einer Streitsumme von 5000 CHF kann die Schlichtungsbehörde den Parteien zudem einen Urteilsvorschlag unterbreiten, der definitiv wird, wenn ihn die Parteien nicht innert 20 Tagen ablehnen.

Bei Streitigkeiten aus Miete oder Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen sowie landwirtschaftliche Pacht kann die Miet-Schlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreiten, sofern es sich um die Hinterlegung von Miet-/Pachtzins, um Schutz vor missbräuchlichen Miet-/Pachtzinsen, um Kündigungsschutz oder um die Erstreckung des Miet-/Pachtverhältnisses handelt.

Nicht zuständig ist die Miet-Schlichtungsbehörde dagegen bei Mietstreitigkeiten, die nicht Wohn- oder Geschäftsräume betreffen; so beispielsweise landwirtschaftliche Pacht, Parkplatz, Lagerraum, Garage, Ferienwohnung etc.

Problematik Kündigungsanfechtung und Ausweisung

Bis zum Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung am 1. Januar 2011 enthielt das Obligationenrecht eine Bestimmung, gemäss welcher die Ausweisungsbehörde bei einer ausserordentlichen Kündigung auch für den Kündigungsschutz zuständig war (aOR 274g Abs. 3). Mit Inkrafttreten der Zivilprozessordnung wurde aOR 274g aufgehoben.

Die ZPO sieht jedoch nicht vor, dass ein Verfahren betreffend Kündigungsanfechtung der Ausweisungsbehörde zu überweisen ist. Für Vermieter könnte die neue ZPO deshalb eine Verlängerung der Verfahrensdauer bis zur Ausweisung eines Mieters bedeuten. Hat der Vermieter ausserordentlich gekündigt (z.B. wegen Zahlungsverzug; OR 257d) und ficht der Mieter die Kündigung an, könnte es im Vergleich zum summarischen Ausweisungsverfahren (Rechtsschutz in klaren Fällen; ZPO 257) verhältnismässig lange dauern, bis der Mieter ausgewiesen werden kann.

Mit der Aufhebung von aOR 274g ist die Möglichkeit der Beurteilung einer Kündigungsanfechtung durch den Ausweisungsrichter entfallen. Ficht der Mieter eine Kündigung an, ist zu erwarten, dass der Vermieter ein Ausweisungsbegehren erst stellen kann, wenn das Verfahren betreffend Kündigungsanfechtung rechtskräftig abgeschlossen ist.

Falls die Rechtshängigkeit eines Ausweisungsverfahrens einer später eingeleiteten Kündigungsanfechtung entgegensteht, könnte für die Vermieter der Ausweg darin bestehen, dass sie ein Ausweisungsverfahren nach der Kündigung so schnell wie möglich vorsorglich einleiten.

Die Praxis wird die sich stellenden Probleme klären müssen.

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