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UWG-Revision und geänderte PBV in Kraft

Datum:
30.03.2012
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Immaterialgüterrecht Schweiz
Stichworte:
Online-Shop, Schneeballsystem, unlauterer Wettbewerb
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Per 1. April 2012 trat das revidierte Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Kraft, gleichzeitig mit der aktualisierten Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (PBV).

Ziel dieser Gesetzesänderungen ist es, effizienter gegen verschiedene unlautere Geschäftspraktiken vorzugehen und die Preistransparenz für den Kunden zu verbessern. Insbesondere soll das neue UWG einen verbesserten Schutz gegen Adressbuchschwindel, Schneeballsysteme, missbräuchliche allgemeine Geschäftsbedingungen, unhaltbare Gewinnversprechen und nicht erwünschte Telefonanrufe bieten. Für Anbieter im Online-Vertrieb formuliert das revidierte UWG zudem neue Pflichten.

Allgemeine Geschäftsbedingungen AGB

Erst auf den 1. Juli 2012 in Kraft treten die neuen Bestimmungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Während der Grossteil der Gesetzesänderungen auf breite Zustimmung stiessen, war die Neuregelung der AGB im Parlament bis zuletzt umstritten. Dieser Streitpunkt konnte schliesslich mit einem Kompromiss ausgeräumt werden. Nach bisherigem Recht waren AGB nur dann unlauter, wenn sie «in irreführender Weise zum Nachteil einer Vertragspartei von der unmittelbaren oder sinngemäss anwendbaren gesetzlichen Ordnung erheblich abweichen oder eine der Vertragsnatur erheblich widersprechende Verteilung von Rechten und Pflichten vorsehen».

Ab dem 1. Juli 2012 gilt der neue Art. 8 zur Missbrächlichkeit von AGB, der eine strengere Auslegung verlangt:

Art. 8 Verwendung missbräuchlicher Geschäftsbedingungen

Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen Pflichten vorsehen.

Im Vergleich zur ursprünglich vorgeschlagenen Neuregelung wurden im Rahmen des Kompromisses folgende Abweichungen beschlossen:

  • Die Regelung gilt zwischen Unternehmen und Konsumenten, nicht aber zwischen Unternehmen.
  • Massstab der Kontrolle der AGB ist das «erheblich und ungerechtfertigte Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten», und nicht die erhebliche Abweichung von der gesetzlichen Ordnung.

Wie Prof. An­dre­as Hei­ne­mann von der Fach­grup­pe Han­dels-​ und Wirt­schafts­recht der Uni­ver­si­tät Zü­rich schreibt, sei eine Inhaltskontrolle der AGB ohne Rücksicht auf konkrete Vertragsverhältnisse trotz dieser Einschränkungen möglich, da die Irreführung nicht mehr Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist. Er kritisiert jedoch, dass das «Schweigen des geldtenden Rechts zu den Rechtsfolgen eines UWG-Verstosses» mit der Neuregelung nicht behoben wird: Gilt Anfechtbarkeit, ein Beseitigungsanspruch, oder Nichtigkeit? Die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb schliesse sich immerhin implizit der Auffassung an, dass unlautere AGB nichtig seien.

» Weitere Informationen: AGB und UWG-Revision 2012

Neue gesetzliche Vorgaben für Betreiber von Online-Shops

Neben den neuen Bestimmungen zu den AGB legt die UWG-Revision auch Vorgaben für Anbieter im elektronischen Geschäftsverkehr fest – Betreiber von Online-Shops in der Schweiz müssen sich neu an folgende Regelungen halten:

  • Impressumspflicht: Anbieter müssen neu klare und vollständige Angaben über ihre Identität und ihre Kontaktadresse (inkl. Email-Adresse) machen.
  • Für Anbieter im elektronsichen Geschäftsverkehr gilt neu eine Informationspflicht über die einzelnen technischen Schritte, welche zum Vertragsabschluss führen.
  • Anbieter müssen «angemessene technische Mittel» zur Verfügung stellen, die es dem Kunden erlauben, Eingabefehler zu erkennen und zu korrigieren.
  • Erfolgte Bestellungen müssen dem Kunden neu unverzüglich elektronsich bestätigt werden.

Die neuen Bestimmungen entsprechen teilweise den E-Commerce-Richtlinien der EU, wobei die Schweiz verschiedene Informationspflichten des EU-Rechts nicht übernommen hat. Für Anbieter, welche auch in die EU liefern und sich bereits an EU-Recht halten, ändert sich mit den neuen Vorgaben daher nichts.

Adressbuchschwindel, Werbeanrufe, Gewinnversprechen und Schneeballsysteme

Die UWG-Revision zielt mit zwei neuen Beispieltatbeständen auch darauf, gegen Schwindeleien bei Einträgen in Register (Adressbuchschwindel) vorzugehen. Entgeltpflichtige Eintragungen in nutzlose Branchenverzeichnisse unter Verschleierung von Konditionen gelten neu als unlauter – ebenso das Versenden von Rechnungen ohne vorgängigen Vertragsschluss. Neu müssen gut sichtbar in grosser Schrift und verständlicher Sprache auf die Entgeltlichkeit, den privaten Charakter, die Laufzeit, den Gesamtpreis etc. einer Registereintragung hingewiesen werden.

Neu handelt ebenfalls unlauter, wer einen Vermerk im Telefonbuch missachtet, dass ein Kunde keine Werbemittteilungen oder Datenweitergabe wünscht.

Auch dürfen versprochene Gewinne nicht mehr davon abhängig gemacht werden, dass der Kunde eine kostenpflichtige Mehrwertdienstnummer in Anspruch nehmen, eine Aufwandentschädigung leisten, eine Ware oder Dienstleistung kaufen oder an einer Verkaufsveranstaltung, Werbefahrt oder weiter Verlosung teilnehmen muss.

Mit dem revidierten UWG soll ausserdem besser gegen illegale Schneeball- oder Pyramidensysteme vorgegangen werden können: Die Unlauterkeit wird neu davon abhängig gemacht, dass «jemandem die Lieferung von Waren, die Ausrichtung von Prämien oder andere Leistungen zu Bedingungen in Aussicht stellt, die für diesen hauptsächlich durch die Anwerbung weiterer Personen einen Vorteil bedeuten und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Waren oder Leistungen (Schneeball-, Lawinen- oder Pyramidensystem)».

» Schneeballsysteme / Pyramidensysteme

Wie das Staatsekretariat für Wirtschaft SECO in einer Medienmitteilung schreibt, wird der Bund bei der Rechtsdurchsetzung neu stärker einbezogen als bisher: «Neu wird er gegen unlautere Geschäftspraktiken, die Kollektivinteressen gefährden oder verletzen, mittels Straf- oder Zivilklage intervenieren können.»

Anfang April 2013 hat das SECO nach dem ersten Jahr Bilanz zum revidierten UWG gezogen:

«Das SECO, dem die Ausübung der Klagerechte übertragen ist, hat seit dem 1. April 2012 4883 Beschwerden gegen unlautere Geschäftspraktiken erhalten. Die meisten Beschwerden stammen von Konsumentinnen und Konsumenten, knapp 600 von Unternehmen. Mehr als die Hälfte der Beanstandungen betrifft unerbetene Werbeanrufe (2920). An zweiter Stelle der Hitparade dubioser Praktiken stehen Reklamationen über Gewinnversprechen im Zusammenhang mit Werbefahrten oder –veranstaltungen (667). An dritter Stelle schliesslich folgt der Adressbuchschwindel (580).

Das SECO hat im genannten Zeitraum 50 Unternehmen abgemahnt. Die betroffenen Unternehmen wurden mit den Beschwerden konfrontiert, zur Stellungnahme eingeladen und/oder aufgefordert, ihre Geschäftspraktiken zu ändern. […] In 17 Fällen sah sich das SECO gezwungen, Strafantrag wegen unlauteren Wettbewerbs einzureichen. […] Vor elf Adressbuchschwindlern hat das SECO die Öffentlichkeit namentlich gewarnt.

Zahlreiche unlautere Geschäftspraktiken werden vom Ausland her gesteuert. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Adressbuchschwindel, Werbefahrten und Werbeanrufe. Dies konfrontiert nicht nur das SECO, sondern auch die kantonalen Strafverfolgungsbehörden mit schwierigen Vollzugsfragen.»

Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (PBV)

Zusammen mit dem revidierten UWG tritt auch die gänderte Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (PBV) in Kraft, die neu zusätzliche Dienstleistungen regelt. Damit sollen Defizite bei der Transparenz von Preisen behoben werden: «Veterinäre, Hörgeräteanbieter, Notare, Bestattungsinstitute und Fluggesellschaften sind künftig gehalten, die Verrechnungssätze oder den Gesamtpreis für von ihnen angebotene Dienstleistungen bekanntzugeben. Für Dienstleistungen bei der Abgabe von Arzneimitteln und Medizinprodukten ist ebenfalls der tatsächlich zu bezahlende Preis zu nennen.»

Das SECO hat die Praxis-Wegleitung zur PBV den Verordnungen angepasst und neue Informationsblätter für die betroffenen Branchen erarbeitet.

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