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Anlegerschutz: Revision Kollektivanlagengesetz (KAG)

Datum:
18.09.2012
Rubrik:
Gesetzgebung
Rechtsgebiet:
Bankenrecht
Stichworte:
Anlagefonds, Anlegerschutz, Kollektive Kapitalanlagen, Vermögensverwalter
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Revidiertes KAG per 1. März 2013 in Kraft

Das revidierte Kollektivanlagengesetz (KAG) und die revidierte Kollektivanlagenverordnung (KKV) wird auf den 1. März 2013 in Kraft gesetzt. Dies gab der Bundesrat am 13. Februar bekannt. Die Revision unterstand dem faktulativen Referendum; die Referendumsfrist lief am 17. Januar 2013 unbenutzt ab.

Zwei Bereiche der Gesetzesrevision sind von der Inkraftsetzung auf den 1. März ausgenommen – folgende Bestimmungen treten zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft:

  1. Die neuen Bestimmungen über die qualifizierten Anleger sowie über das Dokument, das dem europäischen «Key Investors Information Document KIID» entspricht, treten per 1. Juni 2013 in Kraft.
  2. Die neuen Bestimmungen über die Protokollierungspflicht für Vermögensverwalter treten per 1. Januar 2014 in Kraft. Dies soll den betroffenen Finanzdienstleistern genügend Zeit für die nötigen organisatorischen Anpassungen gewähren.

Protokollierungspflicht für Vermögensverwalter

Mit der Verabschiedung des revidierten Kollektivanlagengesetzes und der entsprechenden Verordnung sind auch die letzten Differenzen bei der Anpassung an das neue EU-Reglement ausgeräumt: Schweizer Vermögensverwalter unterstehen in Zukunft einer Protokollierungspflicht. Finanzdienstleister, die ihren Kunden Anlagefonds zum Kauf anbieten, müssen ihre Empfehlungen schriftlich begründen und in einem Protokoll festhalten. Der Nationalrat genehmigte am 18. September 2012 die vom Ständerat leicht ausgebaute Protokollierungspflicht – die kleine Kammer hatte beschlossen, dass Kunden zu diesen Protokollen Zugang haben sollen, indem eine Kopie des Protokolls ausgehändigt werden muss.

Die Protokollierungspflicht stärkt damit den Anlegerschutz: Im Streitfall hilft das Protokoll dem Anleger, Beratungsfehler zu belegen. Der Vermögensverwalter hat darin festzuhalten, welche Bedürfnisse der betreute Anleger hat, und weshalb dem Kunden den Kauf eines bestimmten Fonds empfohlen wurde. Denn entsteht dem Kunden durch schlechte oder falsche Beratung ein finanzieller Schaden, stellt sich die Frage nach der Haftung des Vermögensverwalters – wobei die Beweislast im Klagefall beim geschädigten Kunden liegt.

Die nun beschlossene Gesetzesrevision hat jedoch mit dem ursprünglich vom Bundesrat vorgeschlagenen Ausbau des Anlegerschutzes nur noch wenig gemein. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament hat verschiedene Ausnahmen im Gesetz geschaffen und dem verschärften Anlegerschutz damit die Zähne gezogen.

Auch Privatanleger gelten als «qualifizierte Anleger»

Unter anderem beschloss das Parlament eine relativ weite Definition davon, was als «qualifizierter Anleger» gilt: Bereits wer einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen hat, wird demnach ohne ausdrückliche Gegenerklärung als qualifizierter Anleger eingestuft. Damit werden Privatanleger, die ihr Vermögen durch einen Vermögensverwalter anlegen lassen, grundlegend gleich qualifiziert wie qualifizierte Grossanleger wie beispielsweise Pensionskassen. Der Bundesrat dagegen hatte eine klare Unterscheidung zwischen «Publikumsanlegern» und «qualifizierten Anlegern» vorgesehen. Vom verbesserten Anlegerschutz profitieren damit in erster Linie nicht-qualifizierte Anleger. Konsumentenschutz-Organisationen kritisieren diesen Entscheid, da damit auch unerfahrene, kleine Vermögensverwaltungskunden vom verschärften Anlegerschutz ausgeschlossen werden.

Zweigniederlassungen ausländischer Vermögensverwalter

Weiter kritisieren Konsumentenschützer, dass laut den Beschlüssen des Parlaments ausländische Vermögensverwalter in der Schweiz Zweigniederlassungen eröffnen können, ohne dabei der Aufsicht unterstellt zu sein, die für Schweizer Vermögensverwalter gilt. Gegenüber dem Vorschlag des Bundesraters haben die Räte die Anforderungen an solche Zweigniederlassungen in der Schweiz stark reduziert. Problematisch dabei ist, dass für die Anleger selber meist nicht klar ersichtlich ist, ob ihre Fonds von einer Zweigniederlassung verwaltet werden, bzw. welchem Aufsichtsregime ein Vermögensverwalter untersteht.

Verkauf ausländischer Fonds an nicht-qualifizierte Anleger

Bei der Bewilligung des Verkaufs ausländischer Fonds an nicht-qualifizierte Anleger folgte der Nationalrat im zweiten Anlauf dem Beschluss der kleinen Kammer: Die FINMA soll Bewilligungen für ausländische Fonds nur gewähren dürfen, wenn sie mit der Aufsichtsbehörde des entsprechenden Landes ein Zusammenarbeitsabkommen geschlossen hat. Bei einer ersten Beratung hatte der Nationalrat noch darauf bestanden, dass ein solches Abkommen nur nötig sei, wenn der betroffene Staat dies ausdrücklich verlange. Vergeblich wiesen die Gegner dieser Regelung in der zweiten Abstimmung der grossen Kammer darauf hin, dass Fonds nicht verkauft werden dürfen, wenn ein Abkommen mit einem bestimmten Land nicht möglich sei, und dass ein Informationsaustausch der Aufsichtsbehörden im Übrigen auch ohne Vertrag möglich wäre.

Schweizer Vermögensverwaltern droht Ausschluss aus dem EU-Markt

Im Zuge der Finanzskandale wie dem Fall Madoff oder der Lehman-Pleite, bei denen Anleger weltweit riesige Summen verloren, hat die EU die Regeln für Vermögensverwalter verschärft. Die Teilrevision des Kollektivanlagengesetzes bezweckt eine Anpassung an das EU-Reglement, ohne die Schweizer Vermögensverwalten den Marktzugang zum EU-Raum zu verlieren drohen. Die Anpassungen müssen in den EU-Mitgliedstaaten bis Mitte 2013 gesetzlich verankert sein. Damit Vermögensverwalter aus der Schweiz weiterhin europäische kollektive Kapitalanlagen verwalten können, müssen sie bis dahin den neuen Anforderungen genügen. Dazu widerum benötigen sie eine entsprechende Bewilligung der FINMA. Das revidierte Kollektivanlagengesetz soll daher bereits am 1. Januar 2013 in Kraft treten.

Ob die nun beschlossene Teilrevision des Kollektivanlagengesetzes eine gleichwertige Regelung wie die EU-Richtlinie darstellt, ist unklar. Finanzministerin Widmer-Schlumpf sagte anlässlich der Entscheidungen des Ständerates, die Äquivalenz sei nicht mehr gegeben. Sie warnte davor, dass durch die Aufweichung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Anlegerschutz-Regelungen die Schweizer Fondsbranche den Anschluss an den EU-Markt trotz der Gesetzesrevision verlieren könnte. So hatte der Bundesrat empfohlen, sich auch in der Haftungsfrage den Richtlinien der EU anzunähern. Eine Depotbank sollte demnach unter bestimmten Umständen auch dann haftbar gemacht werden können, wenn sie ihre Aufgaben an Drittdienstleister übertragen hat. Das Parlament beschloss jedoch, die Haftung der Depotbanken nicht an die EU-Anforderungen anzupassen. Laut der Handelszeitung warnte Widmer-Schlumpf davor, dass durch die Abschwächung des Anlegerschutzes gerade kleinere Anbieter aus der Schweiz ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren würden. Für Grossbanken dagegen spiele dies eine weniger grosse Rolle, da diese mit Filialen auch im Ausland vertreten seien.

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