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Kindsrecht / Kindes- und Erwachsenenschutzrecht

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Erwachsenenschutz Teil 3: Patientenverfügung

Datum:
17.12.2015
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Kindsrecht
Stichworte:
Erwachsenenschutzrecht, KESB, Patientenverfügung, Vorsorge
Autor:
RA Urs Bürgi
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Gastautor: Urs Bürgi

Rechtsanwalt und Inhaber des Zürch. Notar-, Grundbuch- und Konkursverwalter-Patentes
Partner Bürgi Nägeli Rechtsanwälte, Zürich

Einleitung

In Teil 2 wurde das Instrument des Vorsorgeauftrags erläutert; es betrifft die materiellen Aspekte und die Vertretung der betroffenen Person während der Dauer ihrer Urteilsunfähigkeit.

Im vorliegenden Teil 3 wenden wir uns der Patientenverfügung zu. Das schon zuvor angewandte Instrument der Patientenverfügung ist mit dem neuen Erwachsenenschutzrecht nun gesetzlich geregelt worden.

Die Patientenverfügung kann von jeder urteilsfähigen Person errichtet werden.
Der „Vorsorgeauftrag“ ist eine Vorkehr vor Eintritt der Urteilsunfähigkeit.

Problemlage ohne Patientenverfügung

Jede medizinische Behandlung und jeder Eingriff bedarf der Einwilligung des Patienten. Ist der Patient infolge Krankheit, Unfalls oder Alters urteilsunfähig und liegt keine Patientenverfügung vor, ergeben sich folgende Implikationen:

  • Pflicht zur Lebenserhaltung
    • Die Ärzte müssen lebenserhaltende Massnahmen treffen
  • Ärztliches Ermessen
    • Die Ärzte haben selber die notwendige bzw. lebenserhaltende Indikation und Therapie zu wählen
    • Die Behandlung ist ins Ermessen und in die (subjektive) Lebensanschauung der Ärzte gestellt
  • Kein Ausschluss lebensverlängernder Massnahmen
    • Ohne ausdrücklichen Verzicht auf lebensverlängernde Massnahmen können die (Notfall-)Ärzte nicht von lebensverlängernden Massnahmen absehen
  • Keine Organspende
    • Ohne klare Anweisung, dass und unter welchen Voraussetzungen über die eigenen Organe verfügt werden darf, kann das medizinische Personal nicht über Organe zugunsten Dritter disponieren.

Ohne Patientenverfügung wird der Entscheid über die medizinische Behandlung, d.h. Leben und Tod, den Nahestehenden und/oder den Ärzten überlassen. Will dies der Betroffene nicht, muss er eine Patientenverfügung erlassen.

Selbstbestimmung durch Patientenverfügung

Mit der Errichtung einer Patientenverfügung gibt der von der dereinstigen Urteilsunfähigkeit Betroffene für den Fall, dass er nicht mehr selber entscheiden kann, die Parameter für die medizinischen und pflegerischen Entscheide vor. Für den Fall der Ablehnung oder Verhinderung der Vertrauensperson ist es zweckmässig, eine Ersatzvertrauensperson zu berufen.

Vertrauensperson

Mit der Patientenverfügung wird der Betroffene in der Regel eine Person seines Vertrauens bezeichnen, die die erforderlichen Entscheide treffen soll.

Inhalt der Patientenverfügung

Die Patientenverfügung hat zum Gegenstand:

  • medizinische Massnahmen,
    • welchen der Verfügende zustimmt
    • welche auf Wunsch des Verfügenden zu unterlassen sind
  • vertretungsberechtigter Entscheidungsträger für medizinische Massnahmen

Falls Sie klare Vorstellungen haben, welche medizinischen Massnahmen Sie sich für den Notfall in Urteilsunfähigkeit wünschen, ist die Errichtung einer Patientenverfügung angezeigt. Sie können sich entweder im Rahmen des unten erwähnten Musters oder durch die von wohltätigen Institutionen zur Verfügung gestellten Checklisten informieren. Sind Sie bei der Differenzierung medizinischer Massnahmen nicht sattelfest, zeigen Sie doch Ihren Vorsorgeauftrags-Entwurf Ihrem Hausarzt; er hilft Ihnen sicher weiter. Auch ein Rechtsanwalt oder Notar berät Sie gerne.

Errichtung einer Patientenverfügung

  • Voraussetzungen
    • Urteilsfähigkeit
  • Form
    • Schriftform mit Datum und (eigenhändiger) Unterschrift

Unter dem nachfolgenden Abschnitt „Muster“ finden Sie den Link zu einer Mustervorlage.

Hinterlegung der Patientenverfügung

Sie können auf Ihrer Versicherungskarte eintragen lassen:

  • Bestand einer Patientenverfügung
  • Hinterlegungsort

Widerruf der Patientenverfügung

Sie können – Urteilsfähigkeit vorausgesetzt – die Patientenverfügung jederzeit ändern oder widerrufen. Der Widerruf kann erfolgen durch:

  • Vernichtung der Patientenverfügung
  • Anbringung eines Widerrufsvermerks auf der Patientenverfügungsurkunde.

Vergessen Sie im Fall des Eintrags auf der Versicherungskarte nicht, im Widerrufsfalle den Karteneintrag löschen zu lassen.

Muster für eine Patientenverfügung

Unter folgendem Link lässt sich ein Muster für die Selbstredaktion herunterladen:

Muster Patientenverfügung

Fazit

Die Patientenverfügung ist ein zwar zuvor bestandenes, aber neu legiferiertes Instrument, welches für den Fall der Urteilsunfähigkeit das medizinische Personal über die Wünsche des Betroffenen in einem solchen Notfall informiert. Ohne Patientenverfügung sind Ärzte aber grundsätzlich zu allen Lebenserhaltungsmassnahmen verpflichtet. Bei Vorhandensein einer Patientenverfügung kann es indessen zu Auslegungsfragen hinsichtlich Art und Dauer kommen, wenn keine klare Notfallindikation verlangt wird. Wenden Sie daher genügend Sorgfalt bei der Redaktion der Patientenverfügung auf und individualisieren Sie eine Mustervorlage bedürfnisgerecht.

Bild: dpa

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