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Kindsrecht / Kindes- und Erwachsenenschutzrecht

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Erwachsenenschutz Teil 4: Vertretungsrecht und gesetzliche Massnahmen

Datum:
07.01.2016
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Kindsrecht
Stichworte:
Erwachsenenschutzrecht, KESB, Vertretungsrecht
Autor:
RA Urs Bürgi
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Gastautor: Urs Bürgi

Rechtsanwalt und Inhaber des Zürch. Notar-, Grundbuch- und Konkursverwalter-Patentes
Partner Bürgi Nägeli Rechtsanwälte, Zürich

In den Teilen 2 (Vorsorgeauftrag) und 3 (Patientenverfügung) wurden die Instrumente der „eigenen Vorsorge“ erklärt.

Das „Vertretungsrecht“ und die „gesetzlichen Massnahmen“ greifen da, wo die urteilsunfähige Person weder einen Vorsorgeauftrag verfasst, noch eine Patientenverfügung errichtet hat.

Das gesetzliche Vertretungsrecht und die gesetzlichen Massnahmen bilden Gegenstand des vorliegenden Artikels.

Vertretung in wirtschaftlichen Alltagsfragen

Eine urteilsunfähige erwachsene Person wird in folgenden Fällen durch ihren Ehegatten bzw. ihren eingetragenen Partner vertreten:

  • Rechtshandlungen, die üblicherweise zur Deckung des Unterhaltsbedarfs notwendig sind
  • Ordentliche Verwaltung des Einkommens und Vermögens
  • Postöffnung und Posterledigung, soweit notwendig.

Voraussetzungen

Dieses gesetzliche Vertretungsrecht für die urteilsunfähige Person setzt voraus:

  • Zusammenleben des Ehegatten bzw. des Partners mit der urteilsunfähigen Person
  • Regelmässige und persönliche Beistandsleistung durch den Partner

Ausnahme

Ein weitergehendes Vertretungsrecht besteht nur, wenn die KESB ihre Zustimmung erteilt.

Medizinische Massnahmen

Zur Vertretung einer urteilsunfähigen Person bei medizinischen Massnahmen sind in folgender Reihenfolge berechtigt:

  • Grundsatz
    • primär
      • Ehegatte bzw. eingetragener Partner
    • sekundär
      • eine andere Person,
        • die mit der urteilsunfähigen Person in gemeinsamem Haushalt zusammenlebt oder
        • die der urteilsunfähigen Person regelmässig persönlich Beistand leistet
      • bei Fehlen eines solchen Hausgenossen, die
        • Nachkommen
        • Eltern
        • Geschwister
  • Ausnahme
    • Vorliegen einer Patientenverfügung
    • Beistand

Aufenthalt in Alters- oder Pflegeheim

Wird es unumgänglich, dass sich eine urteilsunfähige Person in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung aufhalten muss, fordert der Gesetzgeber:

  • den Schutz dieser in Wohn- oder Pflegeeinrichtungen wohnenden Personen
  • die Transparenz.

Es besteht die Pflicht, beim Eintritt ins Alters- oder Pflegeheim einen Betreuungsvertrag abzuschliessen:

  • Voraussetzungen
    • Urteilsunfähige Person
    • Länger dauernde Betreuung
    • Betreuung in Wohn- oder Pflegeeinrichtung
  • Inhalt
    • Inhalt
      • Leistungen der Organisation
        • Aufenthalt
        • Essen
        • Körperpflege
        • Lebensgestaltung
        • Sterbebegleitung
      • Entgelt für die Leistungen der Organisation
    • Form
      • Schriftlichkeit
  • Vertretung (in folgender Reihenfolge)
    • in Vorsorgeauftrag bzw. Patientenverfügung bezeichnete Person
    • Beistand,
      • mit Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen
    • Ehegatte bzw. eingetragener Partner,
      • wenn Zusammenleben in gemeinsamen Haushalt oder wenn regelmässig Beistandsleisten
    • gemeinsamen Haushalt führende Person,
      • wenn regelmässiges und gemeinsames Beistandsleisten
    • Nachkommen,
      • wenn regelmässiges und gemeinsames Beistandsleisten
    • Eltern,

Fazit

Da das gesetzliche Vertretungsrecht auf die Alltagesthemen und die dringendsten Angelegenheiten beschränkt ist, sollte der dereinst Betroffene rechtzeitig für den Fall seiner Urteilunfähigkeit prüfen, ob er einer Person seines Vertrauens einen Vorsorgeauftrag erteilen will. Andernfalls sind der Ehegatte bzw. der eingetragene Partner oder die Angehörigen in der Pflicht. Ohne Vorsorgeauftrag müssen sie die notwendigen und gutscheinenden Entscheide in den Alltagsthemen anstelle des Urteilsunfähigen treffen. Der Handlungsbedarf in Angelegenheiten, die über Alltagsthemen hinausgehen, erfordert eine Einbeziehung der KESB. Sofern und soweit ein Handlungsvakuum besteht, können Dritte eine Personen- oder Vermögenssorge-Mitteilung an die KESB machen.

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