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Arbeitsrecht

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In den Ferien gestrandet im Zeichen der Corona-Krise

Datum:
11.04.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Betriebsferien, Ferien, Ferienanordnung, Kurzarbeit
Autor:
RA Konrad Moor
Verlag:
LAWMEDIA AG

Teil 2 – Arbeitnehmer in den Ferien

Einleitung

Ist ein Arbeitnehmer in die Ferien gereist und kann infolge des Shutdowns nicht rechtzeitig in die Schweiz zurückreisen, stellt sich die Frage nach den Rechten der Parteien.

Im Zeichen der Coronakrise – Die Artikelfolge

Verschuldete oder unverschuldete Abwesenheit

Kann ein Arbeitnehmer infolge Erlass von Massnahmen in der Schweiz und / oder bei der Feriendestination nicht rechtzeitig zurückreisen, stellt sich die Frage, ob eine verschuldete oder unverschuldete Abwesenheit vorliegt. Die Antwort auf diese Frage hat Konsequenzen.

Ferienantritt vor Shutdown

Rückreise nicht möglich infolge Einstellung von Reisemöglichkeiten

Sofern der Arbeitnehmer eine Reise vor dem Shutdown angetreten hat und infolge des Shutdowns nicht in die Schweiz zurückreisen kann, kann er nicht rechtzeitig nach Ende seiner Ferien seine Arbeit wieder aufnehmen.

Auszugehen ist davon, dass der Antritt einer solchen Reise angesichts der ständigen Präsenz des Themas in den Medien seit Monaten und Bekanntheit der Massnahmen in anderen Ländern (Shutdown in China etc.) zumindest unvorsichtig war. Im konkreten Einzelfall ist zu prüfen, ob ein Absehen von der Reise in Abhängigkeit von Destination und Zeitpunkt der Reise geboten war.

Sofern für den Arbeitnehmer die Unmöglichkeit der rechtzeitigen Rückreise nicht voraussehbar war, ist die nicht rechtzeitige Rückkehr als unverschuldet anzusehen.

Rückreise nicht möglich infolge von Quarantäne

Ist der Arbeitnehmer nicht erkrankt und wird er im Ausland unter Quarantäne gestellt und kann er deshalb nicht rechtzeitig nach den Ferien seine Arbeit wieder aufnehmen, ist von einer unverschuldeten Verhinderung auszugehen.

Ist der Arbeitnehmer erkrankt und wird im Ausland deshalb unter Quarantäne gestellt, ist ihm die Rückreise nicht möglich und allenfalls auch nicht zumutbar. Die Unmöglichkeit der Rückkehr ist unverschuldet.

Lohnzahlung

Nach dem Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn» hat der Arbeitnehmer für die Zeit nach seinen Ferien, bis er die Arbeit wieder aufnehmen kann, keinen Lohnanspruch.

Ist der Arbeitnehmer erkrankt und wird im Ausland deshalb unter Quarantäne gestellt, greift die Lohnfortzahlung infolge Krankheit, unabhängig davon, wo sich der Arbeitnehmer befindet. Besteht keine Krankentaggeldversicherung, richtet sich die Lohnfortzahlung nach den einschlägigen Skalen (Zürcher Skala, Berner Skala, Basler Skala).

Kürzung des Ferienanspruchs

Der Arbeitgeber kann bei unverschuldeten Abwesenheiten den Ferienanspruch des Arbeitnehmers für jeden vollen Monat der Abwesenheit ab dem zweiten vollen Abwesenheitsmonat um einen Zwölftel kürzen.

Auflösung des Arbeitsverhältnisses

War die Unmöglichkeit der Rückkehr für den Arbeitnehmer nicht voraussehbar, ist vom Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Abwesenheit auszugehen, womit das Arbeitsverhältnis nicht infolge Verlassen der Stelle als aufgelöst anzusehen ist.

Ferienreise trotz Krise

Verschuldete Abwesenheit

Der Arbeitnehmer ist aufgrund seiner Treupflicht gehalten, sich vor Antritt einer Reise zu vergewissern, dass er rechtzeitig auf das Ende seiner Ferien wird in die Schweiz zurückreisen und seine Arbeit wieder aufnehmen können. Dazu sind die Reisehinweise des Bundes zu konsultieren. Ist voraussehbar, dass die Rückreise nicht möglich sein wird oder sich erheblich verzögern könnte, sollte der Arbeitnehmer vom Antritt der Reise absehen.

In den Medien ist die Berichterstattung zur Covid-19 Pandemie und deren globale Ausbreitung allgegenwärtig und über die Ankündigung von Massnahmen des Bundesrates wurde in allen Medien umgehend breit berichtet. Kein Arbeitnehmer kann sich darauf berufen, er hätte es nicht gewusst oder nicht wissen müssen.

Ein Arbeitnehmer, der trotz dieser Berichterstattung eine geplante Reise dennoch antritt oder gar kurzfristig verreist und in der Folge nicht rechtzeitig zurückreisen und nach den Ferien die Arbeit wieder aufnehmen kann, ist nicht als unverschuldet an der Arbeitsleistung verhindert anzusehen. Vielmehr ist von einer schuldhaften Verhinderung auszugehen. Massgebend sind, wie immer, die konkreten Verhältnisse im Einzelfall.

Lohnzahlung

Nach dem Grundsatz «ohne Arbeit kein Lohn» hat der Arbeitnehmer für die Zeit nach seinen Ferien, bis er die Arbeit wieder aufnehmen kann, keinen Lohnanspruch.

Kürzung des Ferienanspruchs

Der Arbeitgeber kann bei verschuldeten Abwesenheiten des Arbeitnehmers seinen Ferienanspruch für jeden vollen Monat der Abwesenheit ab dem ersten Abwesenheitsmonat um einen Zwölftel kürzen.

Auflösung des Arbeitsverhältnisses

War die Unmöglichkeit der Rückkehr für den Arbeitnehmer voraussehbar, liegt kein wichtiger Grund für die Abwesenheit vor. Der Arbeitgeber, der am Arbeitnehmer nicht festhalten will, könnte sich auf den Standpunkt stellen, dass der Arbeitnehmer infolge verlassen bzw. Nichtantritt der Stelle das Arbeitsverhältnis fristlos aufgelöst hat.

Kommunikation

Ist ein Arbeitnehmer in den Ferien gestrandet oder erkrankt, muss er aufgrund seiner Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber diesen sobald als möglich über die Situation informieren.

Gemeinsam mit dem Arbeitgeber ist eine Regelung der Situation zu suchen. Ausser im Krankheitsfall, bei welchem die Lohnfortzahlung gilt, kann zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden, dass

  • die Zeit bis zur Rückkehr als unbezahlter Urlaub gilt
  • die Ferien unter Lohnzahlung verlängert werden
  • Mehrarbeitszeit (Überstunden / Überzeit) unter Lohnzahlung abgebaut wird
  • der Arbeitnehmer die versäumte Arbeitszeit bei seiner Rückkehr nachholt.

Rückführung in die Schweiz

Der Bund stellt laufend aktualisierte Reiseempfehlungen zur Verfügung. Werden diese beachtet, lässt sich ein Stranden in den Ferien allenfalls vermeiden.

Mit der Travel Admin App des Bundes können sich Reisewillige auf die Reise vorbereiten und informieren. Die Registrierung mit der App erlaubt dem EDA mit Reisenden in Verbindung zu treten.

Gestrandete Reisende müssen in erster Linie aus eigener Anstrengung versuchen, in die Schweiz zurückzureisen. Sie setzen sich dazu mit Fluggesellschaften, Reisebüros etc. in Verbindung. Gelingt die Rückreise trotz aller Bemühungen nicht, wird unter Umständen durch das EDA eine Repatriierung organisiert.

Im Übrigen wird auf die einschlägigen Informationen des Bundes verwiesen (siehe eda.admin.ch)

Quellen

  • Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319 – 362 OR, Streiff/von Kaenel/Rudolph
  • Notrecht des Bundesrates und Erläuterungen dazu
  • OR
  • admin.ch

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