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Mohrenkopf: Kommt ein generischer Begriff dank Sprachsäuberung wieder in Markenwirkungsgenuss?

Datum:
19.06.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Immaterialgüterrecht Schweiz
Stichworte:
Gemeingut, Marke
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

MSchG 2 lit. a und d

Einleitung

Der Grossverteiler MIGROS Zürich soll dem öffentlichen Druck nachgegeben und daher das Produkt des Aargauer Unternehmens Robert Dubler AG aus dem Sortiment genommen haben. MIGROS Zürich reagierte offenbar auf die aktuellen Proteste nach dem Tod von George Floyd in den USA.

Im Ausland gibt es viele andere Produktbegriffe für die erstmals 1892 in Leipzig erwähnte Süssspeise: Othello, Schokoladenballen, Tête de Nègre, Schoko-Köpfli etc.

Im „Stellvertreterkrieg“ für das Anliegen des sog. „strukturellen Rassismus“ wird die historisch wesentliche, andere Herkunft des Begriffs „Mohr“ ausgeblendet.

Verbreitung des Begriffes „Mohrenkopf“

Im deutschsprachigen Sprachraum der Schweiz ist „Mohrenkopf“ ein „Produktbegriff“, unabhängig von der Produktbeschreibung des Mohrenkopf-Produzenten Robert Dubler AG.

Eine sachliche Auseinandersetzung mit dem angeblichen Rassismus-Bezug scheint dadurch erschwert zu werden, dass der Produzent DUBLER, der auf der Begriffsverwendung beharrt, die mit Abstand besten „Mohrenköpfe“ herstellen solle. Dies bekunden viele Fans dieser Süssspeise.

Am Markt sind viele Produzenten tätig.

Wie wird das Produkt inskünftig benannt?

Offen ist derzeit, welcher Ersatzbegriff sich für den „Mohrenkopf“ etablieren wird.

MIGROS Zürich nennt die „Mohrenköpfe“ mittlerweile „Schaumküsse“.

Marke zum Mohrenkopf

Sobald Produkte im Gespräch sind, drängt sich für Juristen immer die Frage nach einem Markenbestand auf.

Tatsächlich sind zwei Marken im Markenregister (Swissreg) des Instituts für geistiges Eigentum (IGE) eingetragen:

  • „…Tête de nègre au chocolat Mohrenkopf ((fig.))

Ob diese Marken noch gebraucht werden, ist nicht bekannt.

Markenrechtlicher Gemeingutsbegriff

Bei bekannten Marken, die zum Inbegriff eines Produkts werden, stellt sich immer die Frage, ob ein Gemeingutsbegriff vorliegt.

Anwendungsbeispiele:

  • Haftzettel werden zu „post-it‘s“
  • Sofortbildkameras zu POLAROID-Kameras
  • Wasserdichte Kleider zu Goretex
  • Kinderwindeln zu Pampers
  • Im Internet suchen zu googeln
  • usw.

Die Gemeingutsfrage drängt sich auch für die „Mohrenköpfe“, unabhängig von der Rassismus-Diskussion, auf.

Sobald eine Marke so bekannt ist, dass damit nicht mehr ein Produkt des Herstellers, sondern darunter die Beschreibung eines Produkts verstanden wird, läuft der Hersteller folgende Gefahr:

  • Verlust der Unterscheidungskraft aufgrund allgemeiner Verbreitung, sog. „Freizeichen“

Eine einmal registrierfähige Marke wird möglicherweise nicht verlängerbar, weil ihr „Begriff“ zwischenzeitlich zum „Gemeingut-Wort“ geworden ist.

Könnte sich nun der Begriff „Schaumküsse“ als Gemeingutsbegriff in der Schweiz durchsetzen, würde sich die Produkte-/Begriffsrelation – weg vom Gemeingut-Wort – wieder zurück in die Marken-Bestandesfähigkeit bewegen.

Offen bleibt indessen die weit wichtigere Frage, ob die Marke aus anderen Gründen nicht verlängerbar ist, zum Beispiel MSchG 2 lit. d:

  • Als Zeichen, welches gegen die … guten Sitten oder geltendes Recht (?) verstösst.

Siehe Box mit Wortlaut zu MSchG 2 unten.

Fazit

Man darf gespannt sein wie sich die „Mohrenkopf“-Diskussion – mit Reflexwirkung auf Markenrecht und Marken – weiterentwickeln wird.

Mehr: Checkliste «Markennamen können zu Gattungsnamen werden»

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

Art. 2 MSchG Absolute Ausschlussgründe

Vom Markenschutz ausgeschlossen sind:

a.    Zeichen, die Gemeingut sind, es sei denn, dass sie sich als Marke für die Waren oder Dienstleistungen durchgesetzt haben, für die sie beansprucht werden;

b.    Formen, die das Wesen der Ware ausmachen, und Formen der Ware oder Verpackung, die technisch notwendig sind;

c.     irreführende Zeichen;

d.    Zeichen, die gegen die öffentliche Ordnung, die guten Sitten oder geltendes Recht verstossen.

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