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Ausbau Grimselstausee: Beschwerde der Naturschutzorganisationen vom Bundesgericht gutgeheissen

Datum:
26.11.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Bau- und Planungsrecht, Umweltrecht
Stichworte:
Beschwerde, Umweltrecht, Umweltschutz
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Bildquelle / Fotograf: H. Paffhausen

Einleitung

Das Bundesgericht (BGer) heisst die Beschwerde von zwei Naturschutzorganisationen im Zusammenhang mit der geplanten Erhöhung der Staumauern des Grimsel-Wasserkraftwerks gut.

Die Streitsache wird an den Berner Regierungsrat zurückgewiesen.

Das Projekt bedürfe, so das BGer einer Festsetzung im kantonalen Richtplan, damit die verschiedenen Nutz- und Schutzinteressen abgestimmt werden könnten. In diesem Rahmen sei auch eine Koordination mit dem geplanten „Kraftwerk Trift“ erforderlich.

Sachverhalt

Die Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) hatte 2010 ein Gesuch um Anpassung und Ergänzung der Gesamtkonzession zur Nutzung der Wasserkraft im Grimselgebiet gestellt.

Die KWO beabsichtigt u.a. eine Erhöhung der beiden Staumauern des Grimselstausees. Dies erlaube eine Mehrspeicherung von 240 Gigawattstunden Energie. Der Grosse Rat des Kantons Bern genehmigte die Konzessionsanpassung 2012 unter Bedingungen und Auflagen.

Prozess-History

  • 2015
    • Aufhebung des Beschluss des Grossen Rates auf Beschwerde von mehreren Naturschutzorganisationen durch das Verwaltungsgericht des Kantons Bern und Abweisung des Gesuchs um Konzessionsanpassung
  • 2017
    • Gutheissung der Beschwerde des KWO durch das Bundesgericht und Rückweisung der Sache zur weiteren Behandlung ans Verwaltungsgericht
      • Das Bundesgericht war zum Schluss gelangt, dass dem beabsichtigten Ausbau des Kraftwerks bezüglich des Moorlandschaftsschutzes nichts entgegen stehe
    • Wiederaufnahme des Verfahrens
      • Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Beschwerden der Naturschutzorganisationen in Bezug auf ihre weiteren Einwände ab
    • Weiterzug ans Bundesgericht
      • Die beiden Naturschutzorganisationen riefen das BGer an.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das BGer erwog in der ihm bekannten Sache:

Angesichts ihrer Bedeutung bedürfe die streitige Erweiterung des Grimselstausees einer Grundlage im kantonalen Richtplan:

  • Erfordernis der Abstimmung auf Richtplan-Stufe
    • Bisher sei auf Stufe Richtplan noch keine vollständige Abstimmung der verschiedenen Interessen erfolgt
    • Es fehle insbesondere jegliche Auseinandersetzung mit den dem Projekt entgegenstehenden Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes
  • Nationales Interesse an der Grimselstaumauer-Erhöhung
    • Für die Erhöhung der Grimselstaumauer werde von einem nationalen Interesse auszugehen sein
    • Dieses Interesse könne einen Eingriff in das im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung verzeichnete Objekt «Berner Hochalpen und Aletsch-Bietschhorn-Gebiet» grundsätzlich rechtfertigen
  • Interessenabwägung
    • Ob letztlich das Interesse an der Realisierung des Projekts überwiege, sei anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen
  • Unberücksichtigtes Gletschervorfeld + „Kraftwerk Trift“
    • Nicht berücksichtigt worden sei bisher, dass es sich beim Gletschervorfeld des Unteraargletschers potentiell um eine Aue von nationaler Bedeutung handle
    • Einbezogen werden muss weiter das geplante „Kraftwerk Trift“
  • Berücksichtigung der Auswirkungen im Richtplan
    • Es sei Sache des kantonalen Richtplans, die beiden Projekte mit ihren gewichtigen Auswirkungen auf Raum und Umwelt im gleichen Gebiet aufeinander abzustimmen
    • Es werde zu entscheiden sein, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Realisierung beider Projekte bestehe oder, ob nur eines davon oder keines zu verwirklichen sei
  • Berücksichtigung des Realisierungszeitpunkts
    • Weiter müsse im Richtplan- und Konzessionsverfahren auch der voraussichtliche Realisierungszeitpunkt berücksichtigt werden
  • Konzessionserweiterung – Befristung für Ausbau und Betrieb
    • Werde die Gesamtkonzession für das Grimselkraftwerk erweitert, müsse eine Frist für den Ausbau und den Betrieb des Grimselstausees vorgesehen werden
    • Sei dies noch nicht möglich, sei eine Konzessionierung zum heutigen Zeitpunkt ausgeschlossen. 

Entscheid

Das BGer entschied:

  • Gutheissung der Beschwerden gegen den Entscheid des Berner Verwaltungsgerichts und Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an den Berner Regierungsrat.

Urteil des Bundesgerichts vom 04.11.2020 (1C_356/2019)

Medienmitteilung des Bundesgerichts vom 26.11.2020, 12.01 Uhr

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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