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Steuerliche Abzugsfähigkeit behinderungsbedingter Folgekosten

Datum:
10.12.2020
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Steuern / Tax
Stichworte:
Behinderung, DBG, Steuerabzüge, Steuern, StHG, Thurgau
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Sachverhalt

„A.A.________ und B.A.________ wohnten bis ins Jahr 2014 in einer in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft im Kanton St. Gallen. Im Jahr 2014 verkauften sie diese Liegenschaft und zogen in den Kanton Thurgau, wo sie eine neue Liegenschaft erwarben. Im Rahmen der Steuererklärung für die Steuerperiode 2015 deklarierten A.A.________ und B.A.________ Aufwendungen von Fr. 18’474.– für die Erstellung einer Stützmauer und eines Schwimmbads bei ihrer neuen Liegenschaft. Sie machten geltend, diese Aufwendungen seien als behinderungsbedingte Kosten zum Abzug zuzulassen. Es sei unbestritten, dass B.A.________ als Mensch mit Behinderung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes (SR 151.3) gelte. Ausserdem deklarierten A.A.________ und B.A.________ Anwaltskosten im Gesamtbetrag von Fr. 5’643.–. Im Wesentlichen legten sie dar, diese Kosten dienten der Werterhaltung der mittlerweile verkauften Liegenschaft, weshalb sie als Unterhaltskosten zum Abzug gebracht werden könnten.“

Prozess-History

  • Mit Veranlagungsverfügungen vom 17.07.2018 liess die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau die beiden Beträge in der Höhe von Fr. 18‘474.—und Fr. 5‘643.—für die Steuerperiode 2015 weder für die Staats- und Gemeindesteuern noch für die direkte Bundessteuer zum Abzug zu
    • Begründung: Keine abziehbaren Unterhaltskosten
    • Bestätigung trotz Einsprache (Einspracheentscheid vom 26.09.2018)
  • Rekurs-Erhebung durch A.A.________ und B.A.________ bei der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau
    • Ablehnung (Entscheid vom 07.10.2019)
  • Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
    • Ablehnung (Entscheid vom 25.03.2020)
  • Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 29.05.2020 von A.A.________ und B.A.________ ans Bundesgericht.

Erwägungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht erwog folgendes:

  • Einordnung
    • Die Erstellung eines Schwimmbads sei eine Luxusausgabe
  • Grundsatz
    • Die Kosten für die Erstellung eines behindertengerechten Schwimmbades stellten ebenfalls eine Luxusausgabe dar
  • Ausnahme
    • Allenfalls abziehbare Kosten könnten sich lediglich in Ausnahmefällen ergeben, wobei folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssten:
      • therapeutische Unabdingbarkeit des Schwimmbads und
      • gänzliche Unzumutbarkeit des Besuchs eines externen Schwimmbads.

Das Bundesgericht folgerte weiter:

  • Gegenüberstellung mit den Kosten eines externen Schwimmbadbesuchs
    • Steuerlich abziehbare Kosten eines hauseigenen Schwimmbads hätten sich im Falle der Unzumutbarkeit eines externen Schwimmbadbesuchs an folgenden Punkten zu orientieren:
      • Kosten des Besuchs eines externen Schwimmbads (Fahr- und Eintrittskosten)
      • Beschränkung dieser vergleichbaren Kosten auf die Höhe des Aufwands eines externen Badbesuchs
    • Gleichzeitige Voraussetzung
      • Ein abziehbarer Aufwand-Teil bedinge, dass das Schwimmbad therapeutisch unabdingbar und der Besuch eines externen Bades gänzlich unzumutbar sei.

Den Beschwerdeführern war damit vor Bundesgericht ein Teilerfolg beschieden.

Entscheid

  1. „Die Beschwerde betreffend die direkte Bundessteuer wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 25. März 2020 wird insoweit aufgehoben, als er die behinderungsbedingten Kosten betrifft. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
  2. Die Beschwerde betreffend die Staats- und Gemeindesteuern wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 25. März 2020 wird insoweit aufgehoben, als er die behinderungsbedingten Kosten betrifft. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
  3. Die Angelegenheit wird zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau zurückgewiesen.
  4. Die Gerichtskosten von Fr. 2’000.– werden im Umfang von Fr. 500.– den Beschwerdeführern zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung sowie im Umfang von Fr. 1’500.– dem Kanton Thurgau auferlegt.
  5. Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.“

Quelle

BGer 2C_450/2020 vom 15.09.2020

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