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«Public Clouds»-Vergabe: Verträge können abgeschlossen werden

Datum:
21.10.2021
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Internetrecht
Stichworte:
Ausschreibung, Cloud, Submission, Vergabe
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Angreifbare Ausschreibung – Beschwerde erst gegen Zuschläge

Das Bundesverwaltungsgericht weist in einem Zwischenentscheid das Gesuch von Google ab, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Damit kann das Bundesamt für Bauten und Logistik die Verträge zur «Public Cloud»-Vergabe mit den Zuschlagsempfängerinnen abschliessen.

Einleitung

Am 07.12.2020 schrieb das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) unter dem Projekttitel «(20007) 608 Public Clouds Bund» einen Dienstleistungsauftrag im offenen Verfahren aus:

  • Diese Ausschreibung erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
  • Gesucht wurden fünf Provider für die Lieferung von Public Cloud Services.

Gestützt auf eine Rahmenvereinbarung sollten die Provider während 5 Jahren bis zur Gesamtsumme von CHF 110 Mio. einzelne Leistungen erbringen, die in sogenannten Mini-Tender-Verfahren abgerufen werden.

Am 24.06.2021 gab das BBL die fünf Zuschlagsempfängerinnen bekannt.

Prozess-History

Google Commerce Ltd erhielt keinen der Zuschläge und erhob daher gegen die Zuschläge am 13.07.2021 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer).

Vorbringen von Google

In der Hauptsache rügte die Beschwerdeführerin Google

  • die Nichtigkeit der Zuschläge und der Ausschreibung.

Weiter beanstandete Google

  • die Bewertung ihres Angebotes unter dem Zuschlagskriterium «RZ-Standorte Schweiz» (RZ=Rechenzentren).
    • Unter diesem Kriterium verlangte die Vergabestelle von den Anbieterinnen «anhand einer der Öffentlichkeit zugänglichen Information» anzugeben, bis wann sie die geforderten Dienste «geo-redundant» auf Schweizer Boden produzieren bzw. betreiben können.
  • Google war der Meinung,
    • ihr Angebot sei unter diesem Kriterium zu Unrecht mit 0 Punkten bewertet worden und bemängelt insbesondere, dass das BBL
      • es unterlassen habe, seine Anforderungen an die Geo-Redundanz zu definieren;
      • aufgrund von Hinweisen in ihrer Offerte zu einer Rückfrage und zu einer Korrektur der Bewertung verpflichtet gewesen wäre.

Die Beschwerdeführerin Google beantragte daher,

  • dass ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt werden solle
  • und der Vergabestelle bis zum Endentscheid des BVGer die Vertragsunterzeichnung mit den Zuschlagsempfängerinnen untersagt werden solle.

Summarische Prüfung des Gerichts

Nach einer summarischen Prüfung der Rügen kam das BVGer zu folgenden Schlüssen:

  • Erstens
    • Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, soweit die Nichtigkeit der Ausschreibung (bzw. der Ausschreibungsunterlagen) geltend gemacht wird.
    • Dies obwohl Ausschreibung und Ausschreibungsunterlagen, namentlich in Bezug auf die Ausgestaltung des Mini-Tender-Verfahrens bzw. das diesbezügliche Rechtsschutzkonzept durchaus angreifbar gewesen wären, wenn die Ausschreibung durch die Beschwerdeführerin angefochten worden wäre.
  • Zweitens
    • Das Gericht stellte bei der Rüge betreffend die Bewertung unter dem Zuschlagskriterium «RZ-Standorte Schweiz» zunächst fest, dass die Vorgabe des BBL mit Blick auf den Ermessensspielraum der Vergabestelle rechtskonform war.
    • Die Vorgabe sah vor, dass nur Anbieterinnen belohnt würden, deren Pläne zur Herstellung der Geo-Redundanz öffentlich zugänglich seien.
    • Weiter gab das BVGer der Beschwerdeführerin insoweit Recht, als dass die Vergabestelle tatsächlich nicht erläutert hatte, was sie unter Geo-Redundanz versteht.
    • Indessen führe dies nicht dazu, dass diesbezüglich das Verständnis der Beschwerdeführerin massgebend sei.
    • Es sei vielmehr zu prüfen, wie das entsprechende Kriterium im herkömmlichen Sinne verstanden werden musste und durfte, wobei hier prima facie der Begriff des Katastrophenereignisses massgebend war, was für eine gewisse Entfernung zwischen den Rechenzentren spreche.
  • Drittens
    • Die Vergabestelle war nicht verpflichtet, sich aufgrund von Hinweisen in der Offerte der Beschwerdeführerin mit einer Rückfrage an diese zu wenden, sondern durfte deren Offerte unter dem Kriterium «RZ-Standorte Schweiz» mit 0 Punkten bewerten.
    • Damit könne die Beschwerdeführerin den Zuschlag an die knapp vor ihr platzierte Zuschlagsempfängerin 5 nicht angreifen.

Ergebnis

Die Beschwerde erwies sich aufgrund summarischer Prüfung als offensichtlich unbegründet.

Damit wurde keine Interessenabwägung erforderlich zwischen

  • der Dringlichkeit des Abschlusses der Verträge mit den Zuschlagsempfängerinnen und
  • dem Interesse der Beschwerdeführerin an effektivem Rechtsschutz.

Anfechtbarkeit des Entscheids

Dieser Zwischenentscheid kann beim BGer angefochten werden.

„Anwendbares Recht
Am 1. Januar 2021 ist das totalrevidierte Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) in Kraft getreten. Gemäss Art. 62 BöB werden Vergabeverfahren, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet worden sind, nach bisherigem Recht zu Ende geführt.
Das vorliegend zu beurteilende Verfahren wurde mit der Ausschreibung vom 7. Dezember 2020 eingeleitet und untersteht daher dem alten Recht (Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen, [aBöB]).
Geschäftsgeheimnisse
Mit Blick auf die Wahrung der Geschäftsgeheimnisse der Beschwerdeführerin erhalten einstweilen sowohl die Zuschlagsempfängerinnen als auch die Medienschaffenden nur das Dispositiv dieses Zwischenentscheids und die vorliegende Medienmitteilung. Sobald die Geschäftsgeheimnisse im Zwischenentscheid bereinigt sind, wird diese Version den Zuschlagsempfängerinnen zugestellt und den Medienschaffenden mitgeteilt.“Quelle: Medienmitteilung des BVGer vom 20.10.2021

Zwischenentscheid vom 18. Oktober 2021 im Verfahren B-3238/2021:

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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