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ETH-Professorin zu Recht entlassen

Datum:
26.04.2022
Rubrik:
Gerichtsentscheide / Rechtsprechung
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Entlassung, ETH, Professorin
Autor:
LawMedia Redaktion
Verlag:
LAWMEDIA AG

Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hat entschieden, dass die Kündigung einer Professorin der ETH Zürich weder missbräuchlich noch geschlechterdiskriminierend war. Da es für die Kündigung an einer vorangehenden Ermahnung fehlte, sprach das BVGer der Professorin eine Entschädigung von 8 Monatslöhnen zu.

Sachverhalt

Mehrere Doktorandinnen und Doktoranden der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETHZ) hatten sich 2017 bei der Ombudsstelle über das Verhalten der betreffenden Professorin beschwert und ihr vorgeworfen:

  • Respektlosigkeit und
  • ungebührliches Verhalten.

Aufgrund dieser Anschuldigungen führte die ETHZ eine Administrativuntersuchung durch.

Kern-Ergebnis:

  • zutreffende Vorwürfe.

Der ETH-Rat entliess sodann die Professorin mittels ordentlicher Kündigung.

Prozess-History

  • Anfechtung

    • Die Betroffene focht die Kündigung beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) an
  • Begründung

    • Die Kündigung sei
      • missbräuchlich und
      • geschlechterdiskriminierend.

Weder missbräuchlich noch diskriminierend

Laut BVGer ist eine Kündigung missbräuchlich, wenn sie aus unzulässigen Gründen ausgesprochen werde.

Das BVGer kam in seinem Urteil jedoch zum Schluss, dass die Kündigung

  • weder als missbräuchlich
  • noch als geschlechterdiskriminierend

qualifiziert werden könne.

Entgegen den Behauptungen der betroffenen Professorin erfolgte die Kündigung nicht

  • zur Lösung eines singulären zwischenmenschlichen Konflikts mit einer Doktorandin oder
  • aus Rache darauf, dass die Professorin ihre rechtlichen Ansprüche geltend gemacht hatte.

Der ETH-Rat sprach die Kündigung aus, weil die Professorin die Gründe dafür setzte, nämlich durch:

  • ihren Führungsstil
  • ihren Umgang mit den Mitarbeitenden
  • wiederholte Verletzung wichtiger gesetzlicher und vertraglicher Pflichten
  • ihr inakzeptables Verhalten.

Hinsichtlich des Vorwurfs der Geschlechterdiskriminierung gelangte das BVGer nach eingehender Prüfung zur Ansicht, dass er ungerechtfertigt sei:

  • Im Vorgehen der ETHZ seien auch im Vergleich zu vorangehenden Fällen keine Anzeichen einer Geschlechterdiskriminierung erkennbar.

Da die Kündigung weder missbräuchlich noch geschlechterdiskriminierend war, entfalle der Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung:

  • Die Kündigung habe das Arbeitsverhältnis mit der betroffenen Professorin beendet.

Versäumnisse der Hochschule

Aus den Akten war laut BVGer zu entnehmen, dass sich bereits in früheren Jahren verschiedene Personen bei der Ombudsstelle der ETHZ über das Führungsverhalten der Professorin beschwerten:

  • 2005: Eingang der ersten Beschwerde bei der ETHZ-Ombudsstelle
  • 2009, 2013 und 2016: Weitere Eingaben
  • Alle Beschwerden blieben folgenlos:
    • Keine Untersuchung
    • Keine Information der Professorin über die Beanstandungen.

Erst die Beschwerde von 2017 führte 

  • zu weiteren Abklärungen und
  • zum vorliegenden Kündigungsverfahren.

Die jahrelange Untätigkeit der Hochschule hat für das BVGer wesentlich zur schlussendlich eingetretenen Situation beigetragen:

  • Fehlendes rechtzeitiges Einschreiten zur Nutzung einer Verbesserungsmöglichkeit

    • Bei rechtzeitigem Einschreiten durch die Hochschule wäre eine Mahnung – verbunden mit einem allfälligen Coaching – als geeignetes Instrument anzusehen gewesen, um eine Verbesserung des beanstandeten Verhaltens herbeizuführen.
  • Kein Wirkungsausschluss milderer Massnahmen vor einer Kündigung

    • Aktuell konnten mildere Massnahmen – trotz der bisher fehlenden Selbstreflexion und Einsicht – nicht zum vornherein als aussichtslos ausgeschlossen werden.

Die umgehende Entlassung erwies sich daher als: 

  • unverhältnismässig;
  • mangels einer vorgängigen Mahnung ungerechtfertigt.

Aus diesem Grund sprach das BVGer der betroffenen Professorin eine Entschädigung von insgesamt 8 Monatslöhnen zu.

Rechtsmittelfähigkeit

Das Urteil des BVGer kann beim Bundesgericht angefochten werden.

Vorbehalt / Disclaimer

Es gilt für die vom BVGer in seiner Medienmitteilung genannten und hier daraus wiedergegebenen Verhaltensvorwürfe zugunsten der betroffenen Professorin die «Unschuldsvermutung».

BVGer A-4744/2019 | bvger.ch (PDF Download) vom 06.04.2022
Publiziert: 21.04.2022

Quelle

LawMedia Redaktionsteam

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