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Testen von Arbeitnehmern – Im Zeichen der Corona-Krise

Datum:
24.04.2020
Rubrik:
Berichte
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht
Stichworte:
Datenschutz, Fürsorgepflicht, Gesundheitsschutz, Mitwirkungspflicht
Autor:
RA Konrad Moor
Verlag:
LAWMEDIA AG

Teil 5 –Arbeitnehmer auf Covid-19 testen

Einleitung

Der Lockdown ist für die Wirtschaft schädlich und wird kurz- und längerfristig Spuren hinterlassen. Je eher die Beschränkungen aufgehoben werden, desto eher können Unternehmen ihre Geschäfte wieder aufnehmen. Die Arbeitgeber haben dabei die vom Bund angeordneten Massnahmen (etwa zu Abstand) einzuhalten und die Gesundheit ihrer Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu schützen. Ob die Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer auf Covid-19 testen dürfen und ob solche Tests Sinn machen, wird hier diskutiert.

Im Zeichen der Coronakrise – Die Artikelfolge

Zweckmässigkeit von Covid-19 Tests

Das systematische Testen von Arbeitnehmern könnte sinnvoll sein, wenn damit Gewissheit darüber erreicht werden könnte, welche Arbeitnehmer ansteckend sein könnten und deshalb zum Schutz der übrigen Arbeitnehmer dem Arbeitsplatz fernbleiben sollten. Ebenso könnte es sinnvoll sein, wenn mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnte, dass Personen der Risikogruppe angesteckt werden könnten, womit diese ihre Arbeit wieder aufnehmen könnten (sofern Home Office nicht möglich ist).

Sollen nur negativ getestete Personen zur Arbeit zugelassen werden?

Sollen positiv getestete Personen zur Arbeit zur Arbeit gehen, welche Covid-19 überstanden haben? Wie sind solche Personen zu identifizieren?

Ein Test gibt nur darüber Auskunft, ob die getestete Person im Zeitpunkt des Tests auf Covid-19 positiv ist oder nicht. Mit dem Test kann weder überprüft noch verhindert werden, dass sich ein Arbeitnehmer nach dem Test infiziert. Das Testen der Arbeitnehmer liefert somit zum Vornherein wenig verlässliche Daten für Entscheidungen des Arbeitgebers.

Zurzeit ist noch nicht gesichert, dass es ausgeschlossen ist, dass Personen, welche eine Covid-19-Ansteckung überstanden und Antikörper gebildet haben, sich erneut anstecken können. Arbeitnehmer, welche selbst nicht erkranken, können ansteckend sein und damit für die negativ getesteten Arbeitnehmer einem Risiko aussetzen.

Das einmalige Testen von Mitarbeitern würde nicht genügen, um eine sichere Entscheidungsgrundlage für den Arbeitgeber zu schaffen. Nötig wären regelmässige Tests. Erforderlich wäre ein sehr genauer, sehr zuverlässiger Test, dessen Resultat in kürzester Zeit vorliegen würde.

Gesundheitsschutz

Der Arbeitgeber hat auf die Gesundheit der Arbeitnehmer gebührend Rücksicht zu nehmen und alle Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes angemessen sind (OR 328; ArG 6; ArGV 3 Art. 2). Darüber hinaus sind die Anordnungen des Bundesrates, insbesondere zum Schutz besonders gefährdeter Personen, zu beachten.

Der Arbeitgeber muss dementsprechend Massnahmen treffen, um Arbeitnehmer, insbesondere solche der Risikogruppe, vor einer Ansteckung mit Covid-19 zu schützen.

Das Testen von Arbeitnehmern kann dazu beitragen, dass der Arbeitgeber erkennen kann, von welchen Arbeitnehmern eine Ansteckungsgefahr ausgeht und Massnahmen treffen kann, um die übrigen Arbeitnehmer zu schützen. Eine Befugnis des Arbeitgebers, gestützt auf seine Fürsorgepflicht die Arbeitnehmer zu Covid-19 Tests anzuhalten, könnte allenfalls analog dazu gehandhabt werden, dass der Arbeitgeber von den Arbeitnehmern verlangen kann, dass sie die vom BAG empfohlenen Impfungen durchführen.

Wie erwähnt, liefert ein Test nur eine Momentaufnahme, weshalb wiederholte Tests nötig wären.

Mitwirkungspflicht der Arbeitnehmer

Die Arbeitnehmer trifft eine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber und sie haben gestützt darauf eine Mitwirkungspflicht insbesondere im Bereich Gesundheitsschutz (OR 321a, ArG 6 Abs. 3). Die Arbeitnehmer sind insbesondere verpflichtet, den Arbeitgeber in der Durchführung der Vorschriften über den Gesundheitsschutz zu unterstützen.

Allenfalls lässt sich gestützt darauf eine Pflicht der Arbeitnehmer zur Mitwirkung bei Covid-19 Tests ableiten. Es besteht dazu keine Praxis, weshalb diese Frage nicht abschliessend beantwortet werden kann. Anlehnen könnte man eine solche Pflicht der Arbeitnehmer allenfalls an die vorerwähnte Vornahme der vom BAG empfohlenen Impfungen.

Mitwirkungsrechte der Arbeitnehmer

Den Arbeitnehmern resp. deren Vertretung im Betrieb stehen Mitspracherechte zu in allen Fragen des Gesundheitsschutzes. Sie haben Anspruch auf Anhörung und Beratung, bevor der Arbeitgeber einen Entscheid trifft, sowie auf Begründung des Entscheids, wenn dieser den Einwänden der Arbeitnehmer oder deren Vertretung im Betrieb nicht oder nur teilweise Rechnung trägt (ArGV 1 48; ArGV 3 6). Arbeitgeber haben dabei auch das Mitwirkungsgesetz zu beachten.

Bevor ein Arbeitgeber die Durchführung von Covid-19 Tests anordnet, muss er den Arbeitnehmern die Mitsprache ermöglichen.

Medizinische Untersuchung und Datenschutz

Eine generelle Befugnis des Arbeitgebers medizinische Untersuchungen der Arbeitnehmer anzuordnen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Medizinische Untersuchungen sind unter gewissen Umständen bei Nachtarbeit (ArG 17c; ArGV 1 43 ff.) oder bei Hinweisen auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung geboten (ArGV 3 3 Abs. 3). Ferner kommt eine gesundheitliche Untersuchung in Frage, wenn der Arbeitgeber berechtigte Zweifel an einer Krankheit des Arbeitnehmers hat (vertrauensärztliche Untersuchung). In diesen Fällen hat der Arbeitgeber grundsätzlich keinen Anspruch auf die Details des medizinischen Befundes. Bei einem Covid-19 Test der Arbeitnehmer würde der Arbeitgeber jedoch Kenntnis des Befundes (positiv / negativ) erhalten.

Der Arbeitgeber darf Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind (OR 328b). Man kann argumentieren, dass während der Dauer des bundesrätlichen Anordnungen eine Ausnahmesituation besteht, in welcher Kenntnis des Covid-19 Befundes notwendig ist, um den Arbeitsvertrag durchzuführen. Das ist insbesondere bei Gesundheitspersonal einleuchtend.

Die Bearbeitung von Daten über den Arbeitnehmer unterliegt den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (OR 328b). Gesundheitsdaten gelten als schützenswerte Personendaten (DSG 3). Die Einwilligung zur Bearbeitung von Gesundheitsdaten muss ausdrücklich erfolgen (DSG 4). Im Übrigen sind solche Daten besonders gut vor Zugriffen Unberechtigter zu schützen und dürfen nicht ohne Weiteres Dritten bekannt gegeben werden.

Arbeitgeber, welche Covid-19 Tests ihrer Arbeitnehmer durchführen wollen, sollten darauf achten, dass sie vorgängig die schriftliche Zustimmung der Arbeitnehmer einholen.

Fazit

Es ist derzeit nicht geklärt, ob Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern Covid-19 Tests verlangen können. Arbeitgeber, welche solche Tests durchführen möchten, sollten auf folgende Punkte achten:

  • Erstellung eines Konzeptes:
    • Was wird mit den Tests bezweckt
    • Wie wird mit Arbeitnehmern mit positivem Befund umgegangen
    • Usw.
  • Information und Anhörung der Arbeitnehmer (Mitwirkungsrechte)
  • Einholen der schriftlichen Zustimmung der Arbeitnehmer (Datenschutz)
  • Sichere Aufbewahrung der Testresultate
  • Vernichtung der Testresultate, sobald sie nicht mehr benötigt werden

Quellen

  • Notrecht des Bundesrates und Erläuterungen dazu
  • OR
  • Arbeitsgesetz u. zugehörige Verordnungen
  • Wegleitung SECO zum Arbeitsgesetz

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